An einen Ungeborenen

An einen Ungeborenen

Ich wünsch dir Hände
die schönsten Hände dieser Welt
sie sollen suchen, finden, greifen
forschend deinen Körper streicheln
Dingen ihre Fremdheit nehmen
und sich niemals dabei schämen

Sie sollen stark sein und beschützen
kleinen Tieren helfend nützen
Kämpfen solln‘ sie, für die Schwachen
Gegen Geister, Hexen, Drachen

Quitten stehlen, Fliegen schänden
all das wünsch ich deinen Händen
auch der Sehnsucht kalten Wind
wenn dir Sand durch beide rinnt

Ruhig und weise sollen sie sein
reif und schwer wie später Wein
wenn sie Blatt und Bücher greifen
über Wort und Zeilen streifen

der körperlosen Welt begegnen
still sind

und sich nicht bewegen

Sie sollen gaukeln, spielen, necken
schlafende Klaviere wecken
laufen, ziehen, tanzen, klettern
Hände schütteln, schimpfen, meckern

Lieben solln‘ sie,
jetzt und hier
feucht erstreicheln, zarte Gier
schüchtern tun, sich doch erheben
nehmen, drängen, sich ergeben
Blüten zupfen, unter Linden

Dies vor allem wünsch ich mir:
dass sie andere Hände

finden.

Peter Ley © 07.08.1999

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