Internet Awards – Anerkennung oder Werbung?

Internet Awards – Anerkennung oder Werbung?

Vor einigen Wochen habe ich begonnen, eine eigene Homepage zu erstellen. Ein bißchen hiervon, ein bißchen davon – eigene Texte mit Bildern hinterlegt, Grafiken dazu gebastelt, passende Musik ausgewählt – und so ist doch ein schönes Stück an Seiten zusammen gekommen, um geneigten und interessierten Leser/innen ein Bild über mein Schaffen als Autor, aber auch über mich selbst, zu bieten.
Nachdem nun schon einiges vorhanden war, surfte ich noch etwas herum, um weitere Seiten für meine „Linkpage“ zu finden, denen ich hier gerne einen Platz einräumen wollte. Auf einer dieser Seiten fand ich dann das erste dieser wunderbaren Dingerchen – einen „Internet Award“, eine Auszeichnung für die Besonderheit einer Seite. Etwas verwundert war ich zwar schon, denn schließlich bestand die aktuelle Homepage überwiegend aus Werbung und aus Links zu anderen (meist kommerziellen) Seiten, doch er war ansprechend gestaltet und schien doch so etwas wie Aussagekraft zu haben.
Dadurch angeregt, begann ich mich einmal auf den Seiten des Verleihers umzusehen – und stellte fest, daß ich mich vielleicht auch darum bemühen könnte, so eine Auszeichnung für meine eigenen Seiten zu erlangen. Munter ging ich also darauf los, trug die Daten meiner Seiten ein, sowie meine Email – und ab damit! Die Warnung „Ihre Daten werden per Email übertragen, dadurch wird dem Empfänger Ihre Anschrift und Ihr Name bekannt gegeben – wollen Sie das?“ hatte ich mit einem raschen Klick bestätigt und schon war mein erster Antrag unterwegs.


Und dann?

Daß es sich bei diesem „Verleiher“ um eine clevere Marketingfirma handelte, konnte ich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht wissen – erst einige Trage später, als ich den Award zugesandt bekam („Ihre Seiten konnten uns durch Inhalt und Design vollstens überzeugen… unseren heiß begehrten Web Award gewonnen… bitte fügen Sie unseren Award gut sichtbar auf der Titelseite ein, damit sie auch an unserem Gewinnspiel teilnehmen können…“) war ich doch etwas verwundert, denn in meiner IP- Auswertung waren außer mir selbst und einigen gut bekannten Freund/inn/en keine unbekannten Zugänge auf den Seiten verzeichnet gewesen…
Trotz dieser Diskrepanz freute ich mich doch, auch selbst einen Award auf meinen Seiten präsentieren zu können und baute diesen natürlich sofort auf allen wichtigen Index-Seiten ein. Nachdem auch meine Homepage recht bald in der Drop-Down Liste der Award Gewinner aufschien, dachte ich mir, daß dies zumindest ein recht fairer „Link-Tausch“ sei.
Ermutigt durch diesen Erfolg (wie ich dachte), sah ich mich natürlich sofort auf den Seiten der weiteren Gewinner/innen um. Etwas verwundert stellte ich dabei sehr extreme Qualitätsschwankungen fest – manche der Pages bestanden lediglich aus einer einzigen Hinweisseite („Baustelle – betreten verboten – Eltern haften für Ihre Kinder“), manche der anderen waren jedoch durchaus ansprechend. Da ich aber noch nicht so viel Erfahrung hatte, wunderte ich mich nicht weiter, sondern begann mich einfach nach weiteren Awards und deren Verleihmodalitäten umzusehen.


Modalitäten

Ich brauchte nicht lange zu suchen, um weitere Anbieter dieser „Anerkennungen“ zu finden – wenige Seiten weiter gab es sogar ein Verzeichnis, in dem mittels einfachem Anhaken auf einer Übersichtsseite gleich mehrere ‘zig Awards beworben wurden – „bewerben Sie sich mit einigen Mausklicks bei allen unseren Awards“ war die vielversprechende Einleitung. Ein kurzer Blick auf manche der Verleihkriterien ließ jedoch schon rasch klar werden, daß es sich hierbei auch sehr stark um eine Abart einer „Linkliste“ zu handeln schien, denn viele der Awards waren nur nach intensivem Suchen hinter viel Werbung versteckt zu finden.
So, jetzt ritt mich aber der Stolz – nun wollte ich es wirklich wissen, ob ich nicht noch ein paar dieser „Anerkennungen“ abkassieren und damit meine Seiten optisch etwas aufwerten könne – nach einem knappen Drittel des Lesens kreuzte ich willkürlich noch einige weitere Awards an und sandte alles auf einmal ab. Schon wenige Stunden später „hielt“ ich bereits den nächsten „Award“ in den „Händen“ – „Ihre Seiten haben uns überzeugt. Bitte binden Sie unseren tollen Award mit einem Link auf unsere Seiten ein.“ – viel mehr Inhalt hatte die Mail nicht, abgesehen von Links zu weiteren kommerziellen Seiten, auf denen mit heißen Worten wenig Ware um viel Geld versprochen wurde.
Aber gut, er sah recht nett aus – also begann ich, für die Awards eine eigene Seite einzurichten – schließlich ist man(n) doch auch ein wenig stolz darauf, herzeigen zu können, daß andere die eigenen Seiten eines Awards würdig befinden. Es wird ja nicht jede/r gleich nachprüfen, welche „schwierigen“ Kriterien zu erfüllen waren, um den jeweiligen Award zu erhalten. Besonders nicht bei dem einen, der in seinen Bedingungen hineinschreibt „wenn Sie wollen, können Sie sich das Mail an mich auch sparen und die Grafik gleich von meiner Seite kopieren – denn eigentlich wollte ich nur testen, wie sehr Leute die Bedingungen lesen, wenn sie sich um einen Award bewerben.“
Besonders dankbar bin ich jedoch dem Verleiher, der mir schrieb – „Leider erfüllen Ihre Seiten unsere Anforderungen nicht. Gerne sind wir Ihnen jedoch behilflich, in den besonders bemängelten Punkten Grafik und Farbwahl Unterstützung zu gewähren – unsere Tarife finden Sie in der Preisliste in der Anlage!“. Ein derart lange anhaltenden Heiterkeitsanfall hatte ich schon lange nicht erlebt, wo doch gerade im Mail davor besonders die „Harmonität und Ausgewogenheit der Farben, Grafiken, Texte und Musiken“ gelobt wurden!


Die seriöse Seite

Wie auch immer, nicht alle Verleiher sind der Meinung, daß ein Award lediglich ein Instrument sei, mit dem der Verkehr auf den Seiten der Verleiher erhöht werden könnte – besonders liebevolle Analysen der Seiten („Ich war überrascht, solch wunderschöne und traurige Gedanken im Netz zu lesen. Nicht, daß ich mich für die einzige hielt, die sowas im Netz veröffentlicht, sondern weil die Zeilen von einem Mann stammen.“ oder auch „Ich bin der Meinung, wer sich Mühe gibt, etwas zum sehen – hören – anfassen zu schaffen, ist in jedem Fall ein ‚Künstler‘ – und die Homepage – welcome.to/PowerFox – sticht da besonders raus…“) haben mir klar gemacht, daß es durchaus auch ernst zunehmende und seriöse Awards im Netz gibt.
Einige dieser seriösen Verleiher/innen haben sich sogar zu einem kleinen Webring zusammengeschlossen – allerdings scheint mir dieser Ring überwiegend auf die ausgefallenen und besonders aufwendigen Awardgrafiken mehr Werte zu legen, als auf die Erreichbarkeit der einzelnen Anerkennungen („ich vergebe meinen Award lieber nur ein- bis zweimal pro Jahr, dann aber an Seiten, die ihn wirklich würdigen und einen entsprechenden Rahmen für meine wunderschöne Grafik bieten“). Neidlos gesprochen – die Grafiken sind wirklich toll (besonders hervorragend auch in Bezug auf Ladezeiten, da die einzelnen Grafiken teilweise um 200 KB groß sind) – und die damit ausgezeichneten Seiten haben sicher auch besonders herausragende Grafiken oder Features zu bieten – aber für „Otto Normali“, wie ich meinereins doch sehe, sind diese Grafiken ebenso unerreichbar wie die Millionen von Rockefeller.
Zusammengefaßt wäre hier wie in vielen anderen Bereichen des Lebens zu sagen – wer Wert darauf legt, eine wirkliche Kritik zu seinen Seiten zu erhalten, sollte von Massenindices und besonders aufwendigen Awards eher die Finger lassen – denn auf der einen Seite ist die „Anerkennung“ schlichtweg nichts wert – auf der anderen Seite die Frustration in der Regel so gut wie vorprogrammiert. Mit anderen Worten – weniger ist oft mehr und eine ehrliche, gutgemeinte Kritik an seinen Seiten sollte auch jede/r „wegstecken“ können.


Kriterien

Nachdem an dieser Stelle weder Werbung betrieben werden sollte noch eine vollständige Auflistung aller guten Awards möglich ist, möchte ich gerne die (in meinen Augen) wichtigsten Kriterien für einen „guten“ Award anführen:

Die Verleihung des Awards sollte an definierte Kriterien gebunden sein, wie z.B. besondere Inhalte, Ladezeiten, Benutzerführung auf den / durch die Seiten u.a.
Private Verleiher sind in der Regel den kommerziellen vorzuziehen, da sie normalerweise kein Interesse daran haben, irgend etwas zu verkaufen oder zu bewerben (außer den eigenen Seiten natürlich).
Zeitraum/Zeitrahmen für Vergaben sind wenig ausschlaggebend, denn auf einen wirklich aussagekräftigen Award sollte ohne weiteres auch gewartet werden können.
Die Gewinner der Awards sollen auf den Seiten der Verleiher auch angeführt werden – wieso sollten Sites, die jemandem gefallen, nicht auch gelinkt werden?!
Im Optimalfall sollten Verleiher eines guten Awards auch Verbesserungsvorschläge und Kritik anbieten und auch liefern, denn nur dadurch ist echtes Feedback gewährleistet!
Und natürlich sollte einem die Awardgrafik auch gefallen, denn was nützt der schönste Award, wenn er nicht auf den eigenen Seiten seinen gebührenden Platz und Rahmen findet?!

 

Günther Fuchs        


Das Original dieses Artikels ist im Dezember 1998 in der Ausgabe 100 (Jubiläumsausgabe) der Computerfachzeitschrift „WCM“ erschienen.
Ebenfalls übernommen wurde dieser Artikel im Verzeichnis von „Awards.de„.
Der erwähnte eigene PowerFox Award wird seit vielen Jahren nicht mehr vergeben.

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